Irgendwie hat dieses
Macbook doch sein Gutes.
Ich kann im Zug nach
Düsseldorf sitzen und doch diesen Text schreiben. Das einzige Problem: Kein
Internet. Dö-döm.
Sicherlich könnte ich
diesen Text auch mit meinem Handy schreiben und ihn sofort online setzen. Aber
irgendwie.. gefällt mir die Tastatur. Ich liebe das Anschlagen der Tasten, wie
bei einem Klavier. Die Melodie, die sich daraus ergibt. Die Melodie aus Worten
und Bildern, die man beim Lesen im Kopf hat, die sich mit jedem neuen Wort, jeder neuen Information verändern.
Ich bin also auf dem Weg
nach Düsseldorf. Habe mir eben bei hoberg noch ein Käsebrötchen besorgt. Mit
salzigen Kürbiskernen und Gurken und Salat. Nicht so eine Matsche wie bei
Yormas. Ich mag den Laden nicht. Salamibaguette 1€. Käsebaguette 2.20€. Als
wäre es weniger Arbeit eine Kuh abzuschlachten, als sie zu melken. Lachhaft.
Als ich den Zug betrete
ist das Abteil leer. Ich schaue auf die Uhr: Noch 13 Minuten bis zur Abfahrt.
Die meisten Menschen kommen auf die letzte Minute genau. Sie rennen zum Zug,
quetschen sich an den Leuten im Eingang vorbei und hoffen auf einen freien
Platz. Wieso nicht einfach mal pünktlich sein? Und mit pünktlich meine ich „ich
darf mir einen Platz aussuchen“-pünktlich. Ich könnte auch bis auf den letzten
Drücker warten. Aber ich mag es mir meinen Platz aussuchen zu können.
Ein „Vierer“ nah an der
Treppe soll es werden. Am liebsten fahre ich vorwärts. Nicht, dass mir vom
Rückwärtsfahren schlecht werden würde, aber ich mag es halt, vorwärts unterwegs
zu sein.
Kurze Zeit später steigt
eine Frau ein und lässt sich diagonal vor mir in den freien Sitz plumpsen. Ich
erhasche einen kurzen Blick: Beige Cordjacke. Der Pelz an Ärmeln und Kragen ist
verfilzter Kunstpelz. Na immerhin. Schön sieht es dennoch nicht aus. Sie trägt
eine schwarze Leggins mit weißem Pik-Muster und Keilabsatzschnürschuhe (was für
ein Wort. Ich garantiere übrigens nicht, dass es dieses wirklich im Duden zu finden
gibt. Ich würde ja googlen, aber ihr erinnert euch sicher an mein Problem mit
dem Internet.) mit ebenfalls angenähtem, filzigem Kunstpelz. Blond gefärbtes
Haar; eher praktisch als stylisch aus dem Gesicht geklammert und zu einem
Pferdeschwänzchen gebunden. Ihr Alter kann ich nicht einschätzen. Als sie ihr
Handy aus der schwarzen Ledertasche fischt, sehe ich rot lackierte, kurze
Fingernägel. Fast das gleiche Rot, wie ich es trage.
Ich schaue runter auf
meine Finger, während ich mit einer Hand das Käsebrot zum Gesicht führe:
Abgeblättert, ohne Frage aber der gleiche Ton. Ungeahnt entwickele ich eine Art
Sympathie für diese Frau. Schon allein deswegen, weil sie keinen echten Pelz
trägt; sie könnte sich jedoch auch einfach vorstellen, sie habe Geld und er sei
echt. So wie ein Mädchen, was sich vorstellt eine Prinzessin zu sein und ein
juwelenbesetztes Kleid zu tragen.
Aber das macht nichts.
Ich mag Menschen mit Fantasie.
Was ich allerdings
garnicht mag ist der Schwall von Zigarettengestank, den sie mit herein gebracht
hat. Ich habe das Gefühl, sie asche mir in den Mund beim essen. Die Frau steckt
sich Kopfhörer in den Kopf und hustet laut. Es ist, als hätte man auf eines
dieser „Briese One Touch“-Dinger aus der Werbung gedrückt, die mit einem
Fingerdruck unangenehme Gerüche jeglicher Art mit kitschig benannten Düften
überdecken. Nun habe ich jedoch das Gefühl, als würde diese Frau mit ihrem
Husten den herrlichen Duft meines Käsebrötchens mit einer Ladung
Zigarettenasche überdecken…
Mir wäre es peinlich so zu
stinken. Das ist ja wie eine Fahne nach dem Saufen. Ekelhaft.
Wir sitzen uns jetzt
schon eine Weile gegenüber und ich bin froh, dass sie nicht sehen kann, dass
ich diesen Text über sie verfasse. Irgendwie lustig. Sie starrt auf meine
Finger; ich tippe wirklich unmenschlich schnell. Das lernt man eben irgendwann.
Kaut auf ihrer Unterlippe und dann an ihrem Nagellack herum. Ich schaue auf
meine eigenen Finger und halte kurz inne. Sehe ich auch so aus, wenn ich an
meinen Fingern herumkaue? Wie eine ausgehungerte Ratte..? Du solltest das
drangeben, denke ich und als ich beim nächsten Mal einen Blick auf sie werfen
will, steht sie auf und steigt aus.
Ich runzle die Stirn und
lege die Hände auf die Tastatur, nachdem ich das Brötchen endlich verspeist
habe und das Papier nun so mit einer Hand zusammenknülle, dass ich mir ganz
stark vorkomme. Ich stelle mir vor es sei ein Stein, den ich mit bloßer Hand
zerquetsche und bilde mir ein, die Leute würden mich anschauen, weil sie so
etwas noch nie zuvor gesehen haben.
Tatsächlich schauen sie
mich an, wegen meiner Pandamütze, die ich immernoch auf dem Kopf trage wie
Rotkäppchen. Mir gefällt der Gedanke. Vielleicht schreibt gerade Jemand in
diesem Zug ein paar Zeilen über mich? Über das Mädchen mit dem schwarzen
Pandakopf.
mehr solche texte!
AntwortenLöschenIch finde "Live-Texte" haben etwas besonderes an sich und würde mich über weitere freuen :D !
AntwortenLöschenschöner Text! Menschen beobachten ist doch manchmal sehr unterhaltsam.
AntwortenLöschenInteressanter Text... XD
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